Gelsenkirchen. Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches. In Asien kapitulierte Japan erst am 2. September 1945. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Zweite Weltkrieg über 60 Millionen Tote gefordert. Die meisten Toten gab es in der Sowjetunion, wo 27 Millionen Menschen ums Leben kamen. Millionen jüdische Menschen wurden in der Shoa getötet, vergast und verbrannt. Sinti und Roma sowie weitere Minderheiten wurden verfolgt und getötet.
Die Kapitulation des NS-Regimes bedeutete nicht das sofortige Ende allen Leids. Viele Menschen waren noch auf der Flucht und wussten nicht, wo ihre Familie und Freunde sind oder ob sie noch lebten. Wohnungen und Infrastruktur war zerstört; ehemalige Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene waren ohne Versorgung und Schutz sich selbst überlassen.
Erinnerungen an das Kriegsende in Gelsenkirchen
Um die Komplexität dieses Ereignisses gerecht zu werden, hat der Rat der Stadt Gelsenkirchen im Mai 2021 beschlossen, dass an diesen 8. Mai 1945 in besonderer Weise erinnert wird. Zu diesem Zweck entwerfen städtische Institutionen gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen jedes Jahr ein Programm mit Gedenkveranstaltungen und Bildungsangeboten.
Projekt der Gesamtschule Berger Feld und des Volksbundes
Seit zwei Jahren beteiligt sich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. gemeinsam mit der Bildungspartnerschule Gesamtschule Berger Feld an dem Programm des Gedenktages. An Veranstaltungs- und Gedenkorten werden in Absprache mit der Stadt Gelsenkirchen farbige Friedenszeichen mit wasserlöslicher, abwaschbarer Sprühkreide aufgetragen, um die Orte und den Gedenktag ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. In diesem Jahr wurden diese farbigen Zeichen an der Dokumentationsstätte Gelsenkirchen im Nationalsozialismus, dem Denkmal am Berger See, der ehemaligen Synagoge in Buer, dem Bildungszentrum und an den Stolpersteinen in der „Von-der-Recke-Straße“ im Zentrum gesprüht. Da die Schülerinnen und Schüler sich im Vorfeld mit dem Kriegsende 1945 in Gelsenkirchen beschäftigen, können sie mit Passantinnen und Passanten darüber sprechen und diese informieren. Die Jugendlichen erhalten Zuspruch zu dem respektvollen Umgang mit den Opfern, den Gedenkorten und zu ihrem Engagement.
Unbekannte verübten Farbanschlag auf Stolperstein
Nachdem die Schülerinnen und Schüler mit den Friedenszeichen auf die Stolpersteine in der „Von-der-Recke-Straße“ aufmerksam gemacht hatten, haben an einem der Folgetage Unbekannte die Stolpersteine der Familie Krämer mit grauer Farbe unkenntlich gemacht. Dabei haben sie auch die von den Schülerinnen und Schülern gesprühten Friedenszeichen übermalt. Die Stolperstein-Initiative wurde auf diese Verschmutzung aufmerksam gemacht und reinigte die Gedenksteine. Wir bedanken uns für dieses schnelle Reinigen der Stolpersteine, um so die Namen und die Geschichte der Opfer des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Eine gemeinsame Stellungnahme hierzu finden Sie hier.
Projekt der Schalker Fan-Initiative und des Instituts für Stadtgeschichte
In diesem Jahr wurde am 12. Mai 2024 auch ein digitales Angebot des Instituts für Stadtgeschichte zu den Kriegstoten auf dem Westfriedhof Gelsenkirchen-Heßler veröffentlicht. Die Arbeitsgruppe „Laufend erinnern“ der Schalker Fan-Initiative forschte gemeinsam mit dem Institut für Stadtgeschichte die Lebensgeschichten der 14 Kriegstoten, die auf dem Gräberfeld 15 beerdigt sind. Die Lebensgeschichten berichten von unterschiedlichen Verfolgungsgründen. Sie starben an den Folgen unzumutbarer Lebens- und Arbeitsbedingungen, in Konzentrationslagern oder an Erschöpfung. Einige der Opfer sind im Rahmen der „Euthanasie“-Aktionen ermordet worden oder aufgrund ihres politischen Engagements hingerichtet worden.
Ihre Lebensgeschichten sind auf dem Blog des Instituts für Stadtgeschichte veröffentlicht und in der Nähe der Grabplatte ist ein QR-Code angebracht, der Besuchende zu den Biografien führt.
Das Engagement der Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Berger Feld und die Mitglieder der Schalker Fan-Initiative zeigen, dass es auch kleine Zeichen im öffentlichen Raum sein können, die auf Gedenkorte aufmerksam machen und so die Spuren des Krieges sichtbar machen.
Der Farbanschlag auf die Stolpersteine zeigt leider, dass nicht alle Bürgerinnen und Bürger dieser Meinung sind.