Gescher. Am kommenden Dienstag (27.05.) tritt die Stadt Gescher dem deutschen Riga-Komitee bei, als 49. Mitglied. Die Veranstaltung um 19 Uhr im Rathaus ist offen für alle Interessierten.
Von Allgemeine Zeitung
Das Riga-Komitee ist ein Zusammenschluss der Städte, aus denen in der Zeit des Nationalsozialismus jüdische Bürger nach Riga in Lettland deportiert wurden. Aus Gescher waren es 20 Männer, Frauen und Kinder, Mitglieder der Familien Marx, Falkenstein, Stein und Marx, die entrechtet, verschleppt, im Ghetto von Riga interniert und im Wald von Bikernieki ermordet wurden. Das Riga-Komitee hat es sich zur Aufgabe gemacht, an das Schicksal dieser „Nachbarn von nebenan“ zu erinnern und die jüngere Generation über das Verbrechen des Holocaust aufzuklären. Dabei fängt Gescher nicht bei null an. Es gab bereits thematische Stadtspaziergänge, Gedenkveranstaltungen und Fahrten nach Auschwitz. Die Elionore-Stein-Straße wurde nach einem jüdischen Kind benannt und Stelen wurden dort aufgestellt. Nun gelte es, die Aktivitäten neu zu beleben, weiterzuentwickeln und dabei den Schicksalsort Riga stärker einzubeziehen, so die Initiatoren für den Beitritt der Stadt Gescher zum Riga-Komitee.
Seit etwa einem Jahr hat sich diese Initiative für den Beitritt der Stadt eingesetzt. Vorbereitende Veranstaltungen wurden durchgeführt, unter anderem Stadtführungen zu den Orten früheren jüdischen Lebens in Gescher und die Vorführung eines Films über das Rigaer Ghetto mit dem Titel: „Wir haben es doch erlebt!“ Mit zahlreichen Unterschriften wurde die Initiative unterstützt und durch Unterrichtsprojekte der Klassen 9 der Städtischen Realschule unter Leitung von Silvia Schilde vorangebracht. Interessierte Jugendliche gedachten der deportierten Familien am 10. Dezember 2013, führten Zeitzeugengespräche in einem „Erzählcafé“ und entwickelten kreative Ideen für die weitere Erinnerungsarbeit. Sowohl der Heimatverein als auch das Stadtarchiv und der Bürgermeister persönlich stellten sich hinter das Anliegen.
Am 27. Mai wird nun der Präsident der Bezirksregierung Münster, Dr. Reinhard Klenke, Geschers Bürgermeister Hubert Effkemann die offizielle Beitrittsurkunde überreichen, die an Ort und Stelle unterzeichnet wird. Der Initiative war von Anfang an daran gelegen, eine würdige Beitrittsfeier zu gestalten. Deshalb wird es einen Festvortrag geben, den Ingeborg Höting aus Stadtlohn halten wird, eine Fachfrau für die Geschichte des Holocaust im Westmünsterland. Veronika Hüning, die Geistliche Beirätin von pax christi im Bistum Münster und Mitinitiatorin des Projekts, wird der Frage nachgehen, welchen Sinn das Erinnern heute hat. Schüler der Städtischen Realschule werden Ergebnisse ihrer kreativen Auseinandersetzung mit der Thematik in Texten und Bildern darstellen. Zu dem feierlichen Rahmen wird auch die bekannte Künstlerin Lucette van den Berg aus den Niederlanden beitragen, die zusammen mit einem Gitarristen jiddische Lieder vortragen wird. Gleichzeitig wird im Rathaus die Ausstellung „Bikernieki – Wald der Toten“ zu sehen sein, den der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erstellt hat. Der Volksbund ist Begründer des Riga-Komitees.
Wie alle Mitglieder wird auch Gescher einen Pultstein aus Granit mit dem eingravierten Namen der Stadt bekommen, der an der Gedenkstätte in Bikernieki verlegt wird. Zu diesem Ereignis werden Vertreter der Initiative und der Städtischen Realschule am 26. Juli in Riga anwesend sein.
Die Veranstaltung am 27. Mai um 19 Uhr im Rathaus ist offen für alle Interessierten. Anmeldungen sind erwünscht, auch mit Blick auf den anschließenden Imbiss und Umtrunk.
Kontakt: Tel. 60-201 (Bone).