Meldungen aus dem Bezirksverband Münster
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Anne-Frank-Tag an der Anne-Frank-Realschule Ibbenbüren

Schülerinnen und Schüler erkunden die NS-Zeit anhand der örtlichen Kriegsgräberstätten

Dagmar Schnittker


Ibbenbüren. Die Anne-Frank-Realschule ist bereits seit einigen Jahren mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. verbunden. Jahrzehntelang hat die Schule für den Verein Spenden gesammelt. Anlässlich des 95. Geburtstages von Anne Frank hat die Realschule sich nun auf einigen Kriegsgräberstätten mit der Zeit des Nationalsozialismus vor Ort beschäftigt. Sie wurde dabei begleitet von Stabsfeldwebel Thorsten Beste (Vertreter des Bundeswehr-Standortes Ahlen) und Dagmar Schnittker (Leiterin Stadtbücherei Ibbenbüren). Von ihr stammt der folgende Artikel:

„Am 12. Juni hätte Anne Frank ihren 95. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass hat die Anne-Frank-Realschule den Anne-Frank-Tag begangen, der dieses Jahr unter dem Motto „Der Geschichte auf der Spur“ stand. Die Schülerinnen und Schüler haben sich konkret und anschaulich mit der NS-Zeit in Ibbenbüren auseinandergesetzt.

Besuch und Pflege der Kriegsgräber

Ein zentrales Element des Tages war der Besuch und die Pflege der Kriegsgräberstätten Riesenbecker Berg und Brumleytal. Diese Tätigkeit gab den Schülerinnen und Schüler der Klasse 7 A und 8 A die Möglichkeit, sich unmittelbar mit den Folgen des Krieges und der Geschichte ihrer Heimat auseinanderzusetzen. Eine Einführung gab Stabsfeldwebel Thorsten Beste von der Bundeswehr aus Ahlen. Ein besonderes Augenmerk lag auf den Ereignissen, die trotz des nahenden Kriegsendes am Riesenbecker Berg stattfanden. Mit dem Zitat eines Gedichtes des Riesenbecker Johannes Oechtering machte Stabsfeldwebel Beste deutlich, wie wichtig die Erinnerungskultur und damit die Pflege der Kriegsgräber ist:

„Was Irrsinn zerstörte,
dem Volke gehörte,
erneuert jetzt ist.
Nie sollst du vergessen,
wie teuflisch vermessen
ein Krieg immer ist!“

Die Schülerinnen und Schüler erfuhren, dass die Alliierten ins Münsterland marschierten und am Karsamstag, 31. März 1945 die britischen Einheiten Riesenbeck erreichten. Vor ihren Augen wurde die Brücke über den Dortmund-Ems-Kanal gesprengt, die später im Volksmund „Tommybrücke“ genannt wurde. Nachdem eine Behelfsbrücke aufgebaut worden war, überquerten die alliierten Truppen am 3. April 1945 die Dörenther Klippen und den Riesenbecker Berg.

Dort wurden sie von rund 3.000 jungen Soldaten aus der Truppenschule Hannover erwartet, die durch den langen Marsch völlig erschöpft erst am Vorabend eingetroffen waren. Bei den Kämpfen an diesem Tag und an den folgenden Tagen starben über 400 Menschen. 130 Gefallene fanden auf den Kriegsgräberstätten Riesenbecker Berg und Brumleytal ihre letzte Ruhe, viele von ihnen waren gerade einmal 18 Jahre alt. Die Kriegsgräberstätte Riesenbecker Berg wurde im letzten Jahr von der Stadt Ibbenbüren saniert. Ulrich Remke aus dem Fachdienst für Grünplanung und Friedhofswesen bei der Stadt Ibbenbüren zeigte den Schülerinnen und Schüler die Entfernung von Unkraut auf den Gehwegen.

Die Kriegsgräberstätte Brumleytal wurde in den letzten Jahren durch den Arbeitskreis Ortsgeschichte im Heimatverein Riesenbeck betreut. Für die Erneuerung des Gedenksteins für die gefallenen britischen Soldaten bei der Firma OASE-Pumpen, die Erneuerung der Informationstafel auf der Kriegsgräberstätte Brumleytal und die Erstellung eines neu markierten Rundwanderwegs, der die Kriegsgräberstätten Brumleytal, Riesenbecker Berg und Dörenther Klippen verbindet, erhielt der Arbeitskreis 2023 den Heimatpreis der Stadt Hörstel. [Nähere Informationen erhält man auf der Homepage des Vereins.]

Die 118 britischen Gefallenen erhielten ihr vorläufiges Grab auf einem Acker des Bauern Niemann an der Weggabelung zur Brumleymühle. 1946/47 wurden sie dann durch die britische Kriegsgräberfürsorge zum neu errichteten britischen Reichswaldfriedhof bei Kleve zur letzten Ruhe umgebettet.

Auch die im September 1998 bei Ausschachtungsarbeiten auf dem Firmengelände „OASE-Pumpen“ geborgenen sterblichen Überreste von sieben britischen Soldaten sind dort bestattet worden. Seit 2006 erinnert ein Gedenkstein an den Fundort. 2023 wurde dieser Gedenkstein erneuert.

Weitere Aktivitäten und Projekte

Ein weiteres Highlight des Projekttages war die Erstellung von Mobiles mit Friedenstauben (siehe Aufsteller auf dem Foto). Diese symbolträchtigen Arbeiten wurden im Schulgebäude ausgestellt und trugen zur Erinnerung an die Bedeutung von Frieden und Versöhnung bei.

Die Schülerinnen und Schüler nahmen zudem an einer Stadtführung entlang der Stolpersteine in Ibbenbüren teil, die sie bis zum Grab von Isaak Winkler auf dem unter Denkmalschutz stehenden jüdischen Friedhof führte. Diese Aktivität half ihnen, die Geschichten hinter den Stolpersteinen zu entdecken und sich mit den Schicksalen der jüdischen Bürger von Ibbenbüren während der NS-Zeit zu beschäftigen.

Ein besonders persönliches Projekt war die Erstellung einer Weltkarte, auf der die Schülerinnen und Schüler die Spuren ihrer eigenen Familiengeschichte verzeichneten. Diese Karte zeigte eindrucksvoll die Vielfalt und die Verbindungen ihrer Familien über Ländergrenzen hinweg.

Neben diesen Aktivitäten haben sich die Schülerinnen und Schüler auch in anderen Projekten mit den Themen Demokratie und Vielfalt auseinandergesetzt. Diese Projekte sollten das Bewusstsein für die Bedeutung von Toleranz und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken.

Einige Klassen haben zur Vorbereitung oder am Anne-Frank-Tag die Medienkiste zum „jüdischen Leben“  aus der Stadtbücherei Ibbenbüren genutzt. „Diese Kiste bot wertvolle Materialien und Anregungen, um sich intensiv mit dem jüdischen Leben und der Geschichte der Juden in Deutschland zu beschäftigen. Vor allem die Realien wie Kippa, Thora-Rolle oder der Siebenarmige Leuchter waren für das Verständnis der jüdischen Religion sehr hilfreich.“ berichtete die Geschichtslehrerin Marianne Toben-Stoffers. Die Klasse 7 A hatte vorab das Jugendbuch „Damals war es Friedrich“ von J.P. Richter im Unterricht gelesen.

Fazit

Der Anne-Frank-Tag an der Anne-Frank-Realschule war ein bedeutsamer Tag der Erinnerung und des Lernens. Durch die vielfältigen Projekte und Aktivitäten haben die Schülerinnen nicht nur die Geschichte ihres Ortes und die Schrecken der NS-Zeit besser verstanden, sondern auch die Wichtigkeit von Frieden, Demokratie und Vielfalt.“

Fotos und Text: Dagmar Schnittker (Stadtbücherei Ibbenbüren)

Quelle: www.stadtbuecherei-ibbenbueren.de/anne-frank-tag-an-der-anne-frank-realschule-schuelerinnen-und-schueler-erkunden-die-ns-zeit-vor-Ort