Veranstaltungen aus dem Bezirksverband
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„Onkel Franz doch nicht!“

31 Jan '23
Uhrzeit:
19:00 – 20:30 Uhr
Ort:
Altes Lehrerseminar, Warendorf
Veranstalter:
BV Münster
Typ:
Vortrag

Täterhandeln im Nationalsozialismus

Vortrag von Dr. Eva Lettermann über Ihren Großonkel und Handlungsspielräumen von Menschen in einer Diktatur

 

Die Tatsache, dass ihr Großonkel Franz Fischer als NS-Verbrecher in den Niederlanden fast 44 Jahre inhaftiert war, im Familiennarrativ aber stets als „Kriegsgefangener“ bezeichnet wurde, bildet den familienbiografischen Ausgangspunkt der Forschungen von Dr. Eva Lettermann. Ausgehend von der kritischen Aufarbeitung der Biografie ihres Großonkels setzt sich die Paderborner Lehrerin und Fachleiterin für Geschichte sowohl fachwissenschaftlich, fachdidaktisch als auch familienbiografisch mit individuellem Täterhandeln auseinander.

In ihrem Vortrag wird sie insbesondere die Entscheidungs- und Handlungsspielräume unterschiedlicher Täter*innen thematisieren. Sie wird dazu auf sechs gut recherchierte Biografien von bisher relativ unbekannten Täter*innen (aus der zweiten Reihe) eingehen. Dafür hat sie sich unter anderem sehr intensiv mit den Gerichtsakten aus der Nachkriegszeit beschäftigt. Sie geben einen Einblick zum persönlichen Schulderkennen und -eingestehen von Wilhelm Harster, Wilhelm Zopf, Gertrud Slottke, Ferdinand aus der Fünten, Franz Fischer und Hans Georg Calmeyer, dem Rassereferent in den besetzten Niederlanden. Letzterer stammte aus Osnabrück und ist bis heute umstritten. Einerseits ist er ein Teil des Vernichtungssystems gewesen, andererseits hat er durch das Akzeptieren falscher Abstammungsanträge einige Menschen jüdischen Glaubens gerettet. In Yad Vashem erhielt er sogar die Anerkennung als „Gerechter unter den Völkern“. Der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau zählte Calmeyer deshalb zu den „Menschen, die geholfen haben, aber durch ihre Verstrickung in das Unrechtsregime auch schuldig geworden sind“.

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