Meldungen aus dem Bezirksverband Münster
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Zwei Sonderausstellungen zum Holocaust-Gedenken im "kult Westmünsterland" Vreden

"Riga. Deportationen - Tatorte - Erinnerungskultur" und "Die Tänzerin von Auschwitz"

Über die Köpfe des Publikums hinweg ist links der Kreisdirektor des Kreises Borken, Dr. Ansgar Hörster zu sehen, der angesichts der doppelten Ausstellungseröffnung im kult Westmünsterland zwei Präsente an Paul Glaser (Initiator der Ausstellung „Die Tänzerin von Auschwitz“) und Jens Effkemann (Regionalgeschäftsführer des Volksbundes) verteilt. Daneben steht rechts der Bürgermeister der Stadt Vreden, Tom Tenostendarp. Im Hintergrund wird ein großes Foto der lachenden Tänzerin Roosje Glaser am Strand gezeigt.

Von links nach rechts: Kreisdirektor Dr. Ansgar Hörster (Kreis Borken), Paul Glaser (Initiator der Ausstellung „Die Tänzerin von Auschwitz“), Jens Effkemann (Regionalgeschäftsführer des Volksbundes) und Bürgermeister Tom Tenostendarp (Stadt Vreden) bei der Ausstellungseröffnung. kult Westmünsterland


Vreden. „Es gibt keinen Landkreis deutschlandweit, in dem sich mehr Mitgliedsstädte dem vom Volksbund initiierten Riga-Komitee angeschlossen haben.“ mit diesem Satz verdeutlichte Jens Effkemann, Regionalgeschäftsführer des Volksbundes, die Relevanz des Städtebündnisses für den Kreis Borken in seinem Grußwort zu einer ganz besonderen (doppelten) Ausstellungseröffnung. Um mehr über beide Ausstellungen in deren Kontext zu erfahren, lesen Sie die folgende Pressemitteilung des kult Westmünsterland. 

„Anlässlich des 80. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges zeigt das kult Westmünsterland in Vreden (Kirchplatz 14) jetzt zwei Sonderausstellungen, die sich mit der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft, insbesondere mit der Judenverfolgung, befassen: „Riga. Deportationen - Tatorte - Erinnerungskultur“ (bis zum 22.06.2025) und „Die Tänzerin von Auschwitz“ (bis zum 11.09.2025). Bei der Eröffnung dieser beiden Ausstellungen war mit Paul Glaser ein ganz besonderer Referent zu Gast. Er ist Autor des Buches „Die Tänzerin von Auschwitz“ und zugleich Neffe der Protagonistin Roosje Glaser, die den Holocaust überlebte. Deren Schicksal nahm er in seinem Vortrag „Die Entdeckung meines Familiengeheimnisses“ in den Blick. Die Historikerin Ingeborg Höting führte mit ihrem Vortrag „Von Ahaus, Stadtlohn, Vreden 1941 deportiert nach Riga: Namen, Gesichter, Schicksale“ am 15. Mai in das Thema der zweiten Sonderausstellung ein. „Am ,Internationalen Museumstag' am 18. Mai 2025 hatten wir dazu rund 100 Interessierte im Museum“, freute sich kult-Leiterin Silke Röhling über die große Resonanz.

Die Wanderausstellung des Riga-Komitees „Riga. Deportationen - Tatorte - Erinnerungskultur“ thematisiert die Deportationen von rund 25.000 überwiegend jüdischen Frauen, Männern und Kindern zwischen 1941 und 1942 in das von den Nationalsozialisten besetzte Riga. Nur etwa vier Prozent der dorthin Verschleppten überlebten, die anderen wurden im Wald von Bikernieki und Rumbula ermordet oder starben entweder im Ghetto oder in später eingerichteten Lagern. Für Jüdinnen und Juden aus der hiesigen Region wurde Riga zum „westfälischen Auschwitz“: Ein Großteil der aus Westfalen deportierten jüdischen Menschen fand dort den Tod. Im Jahr 1938 waren rund 530 Mitglieder bei jüdischen Gemeinden in den Altkreisen Ahaus und Borken gemeldet, die dann ab Dezember 1941 in mehreren Transporten „Richtung Osten gingen“. Mindestens zwei davon fuhren nach Riga. Einblicke in die konkreten Schicksale deportierter Menschen aus dem Westmünsterland erhalten die Besucherinnen und Besucher dank der Ergänzung der Wanderausstellung des Riga Komitees durch lokale Forschungsergebnisse.

Die Ausstellung „Die Tänzerin von Auschwitz“ zeichnet die Geschichte der niederländischen Jüdin Roosje Glaser anhand ihrer eigenen Tagebuch-Notizen und vieler Familienfotos nach: Roosje war eine lebenslustige Frau Anfang 20, als das NS-Regime die Macht übernahm. Sie betrieb als bekannte Tanzlehrerin ihre eigene Tanzschule, die sie auch nach der deutschen Besetzung der Niederlande heimlich auf dem Dachboden der Eltern fortführte. Ihr Ex-Mann verriet sie dann allerdings an die Nationalsozialisten und es begann ein Leidensweg durch sieben Konzentrationslager. In Auschwitz schrieb sie Lieder und Gedichte und trat bei abendlichen Treffen der SS als Tänzerin auf. Roosje Glaser überlebte so den Holocaust. Sie starb im Jahr 2000 im Alter von 86 Jahren in Stockholm. Ihr Neffe Paul Glaser kam erst Ende der 1980er-Jahre durch Zufall dem Geheimnis seiner jüdischen Wurzel auf die Spur. Er traf sich mit seiner Tante in Schweden und deckte dabei immer mehr Details seiner Familiengeschichte auf. Nach ihrem Tod veröffentlichte er die Geschichte unter dem Titel „Die Tänzerin von Auschwitz“. […]“

Die Ausstellung "Riga. Deportationen - Tatorte - Erinnerungskultur" geht bis zum 22. Juni 2025; die Ausstellung "Die Tänzerin von Auschwitz" bis zum 11. September 2025.

Fotos und Text: kult Westmünsterland