Meldungen aus dem Bezirksverband Münster
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Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Berger Feld beteiligen sich am Volkstrauertag

Ein bewegender Wortbeitrag berührte die Teilnehmenden der Gedenkveranstaltung

Schülerinnen und Schüer der Gesamtschule Gelsenkirchen Berger Feld mit Regierungspräsident Andreas Bothe (lks.), Bürgermeister Werner Wöll (3.v.lks.) und Lehrer Patrick Hoffmann (5.v.lks.) Patrick Hoffmann

Gelsenkirchen. Die Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen hat 2019 eine Bildungspartnerschaft mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. abgeschlossen. Im Rahmen dieser Bildungspartnerschaft bietet die Schule Gedenkfahrten nach Riga an, engagiert sich mit Aktionen, um auf das Kriegsende 1945 aufmerksam zu machen, und beteiligt sich mit Wortbeiträgen an den Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag. In diesem Jahr hat der Projektkurs zum Volkstrauertag sehr persönliche Beiträge verfasst. Diese haben die Zuhörerschaft sehr bewegt. Ein Schüler:„Gleichzeitig wollte ich nicht nur meine eigene Stimme erheben, sondern sie für viele nutzen, die keine haben, obwohl sie das Gleiche erlebt haben wie ich.“ Daher erläutern Rana Al Sraiheen und Marcel Junge, welche Gedanken Sie im Vorfeld des Volkstrauertages beschäftigten und wie sie die Gedenkveranstaltung empfanden. 

Wie gestaltet sich die Friedensarbeit an der Gesamtschule Berger Feld?

Die Friedensarbeit hat an der Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen eine mehr als 25-jährige Tradition. Sie umfasste u.a. Fahrten nach Flandern, insbesondere nach Ypern, beinhaltet eine Partnerschaft mit dem dortigen Technischen Institut Heilige Familie sowie fächerübergreifender Projektarbeit zu Themen wie dem Versailler Vertrag oder der Rolle der Kirche während des Ersten Weltkrieges. Bei vielen dieser Vorhaben war der Volksbund Initiator oder Begleiter der Schule. Seit einigen Jahren hat der Projektkurs Geschichte der Q2, Jahrgangsstufe 2, die Federführung für diese Friedensarbeit übernommen.

In der Q2 können wir Schülerinnen und Schüler zwischen verschiedenen Projektkursen wählen, und es entscheiden sich immer etliche für den Projektkurs Geschichte. Hier erforschen die Schülerinnen und Schüler der Q2 die Verbindungen zwischen Gelsenkirchen und Riga. Die jährliche Studienfahrt nach Riga ermöglicht den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, Schicksale der während der NS-Zeit deportierten jüdischen Bürger nachzuverfolgen und an den Orten des Leidens Gedenkreden zu halten. Wir tun das im Bewusstsein, dass es in ihm vor allem um die Auseinandersetzung mit den beiden Weltkriegen geht und um Überlegungen, welche Konsequenzen man aus diesen Katastrophen ziehen kann. Ein gewisses Grundinteresse ist bei uns also vorhanden, aber dennoch ist der Projektkurs zunächst kaum mehr als eines von acht oder neun Schulfächern, die wir belegen müssen. Im Laufe des Kurses ändert sich das dann aber, insbesondere bei Kursfahrten nach Bergen-Belsen, Esterwegen und Riga oder bei Videoschaltungen mit Angehörigen von Holocaust-Opfern. 

Wie habt ihr euch auf den Wortbeitrag zum Volkstrauertag vorbereitet? 

Die Teilnahme am Projektkurs ist seit einiger Zeit verbunden mit der Gelegenheit, am Volkstrauertag eine Rede am Ehrenmal für die Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft in Gelsenkirchen-Buer zu halten. Inhaltlich vorbereitet wird sie unmittelbar im Projektkurs. Dabei geht es um die Erarbeitung historischer Fakten, aber auch um die Recherche zu Einzelschicksalen, vor allem von Menschen aus Gelsenkirchen.

Im Vorfeld des Gedenktages setzen wir uns z.B. auch mit der Geschichte des Volkstrauertages und der des Buerer Ehrenmales auseinander. All das fließt in unsere Rede ein. Der Prozess des Redenschreibens beginnt mit dem Versuch, das zu formulieren, was die Botschaft der Rede sein soll. Bei derzeit 17 Kursmitgliedern kann es dabei durchaus unterschiedliche Ansätze geben, aber wir haben in unserem dreistündigen Kurs genug Gelegenheit, uns auf den Duktus der Rede zu einigen.

Im nächsten Schritt entwirf jeder von uns einen Entwurf der Rede, aus der dann ein einziger Entwurf hervorgeht. Bei der endgültigen Fassung der Rede gibt es fachliche Beratung durch den Kursleiter, Herrn Hoffmann. Parallel dazu recherchieren einige von uns auch zur Geschichte des Volkstrauertages, der des Ehrenmahles in Gelsenkirchen-Buer oder zu Menschen, die wir besonders ansprechen möchten. Abschließend üben wir die Rede mehrfach, vor allem mit Blick auf Sprechtempo, Betonung und Körpersprache, damit wir sie so „rüberbringen“ können, dass die Zuhörer ihr auch folgen können bzw. wollen. 

Rana Al Sraiheen hat einen sehr persönlichen Beitrag eingebracht. Wie ist dein Blick auf den Volkstrauertag und wie empfandest du die Veranstaltung?

Die Rede basiert auf den Erfahrungen meiner Eltern. Ich wollte die Migration meiner Eltern aus Jordanien nach Deutschland und die Herausforderungen, die damit verbunden waren, thematisieren. Ihre Entscheidung für eine bessere Zukunft nach Deutschland zu kommen und die Hindernisse, die sie dabei überwinden mussten, spiegeln nicht nur die Geschichte meiner Eltern wider, sondern auch die vieler anderer Migranten. Daher habe ich mich entschlossen, unsere persönliche Perspektive mit dem Publikum zu teilen, da meine Eltern mir oft darüber erzählt haben. Zum einen auch, wie gut ich es habe im Vergleich zu anderen Kindern, die zum Beispiel nicht ihr Land verlassen können. Gleichzeitig wollte ich nicht nur meine eigene Stimme erheben, sondern sie für viele nutzen, die keine haben, obwohl sie das Gleiche erlebt haben wie ich.

Es ist mir wichtig diese Geschichte zu erzählen, weil sie zeigt, dass Integration nicht einfach ist, aber dass sie möglich wird durch gegenseitigen Respekt und auch Unterstützung. Meine Eltern haben viel geopfert, damit ich heute Chancen habe, die sie nicht hatten. Die sie nicht hatten, und die erst recht diejenigen nicht hatten, derer am Volkstrauertag gedacht wird. Menschen, vor allem junge Menschen, die im Krieg umgekommen sind und um ihr Leben betrogen worden sind. Mit meiner Rede wollte ich auch deutlich machen, wie wichtig Respekt für ein friedliches Zusammenleben ist. Und um respektvoll zu sein, muss man nicht viel tun. Das kann jeder schaffen. Schließlich soll der Aufwand meiner und anderer Eltern nicht unnötig gewesen sein, nur wegen einer zunehmend intoleranten Gesellschaft. Jeder hat das Recht ein friedliches Leben zu leben, vor allem wenn man sich dafür viel Mühe gibt.

Den Volkstrauertag als Möglichkeit zu nutzen, um meine Geschichte zu erzählen, war eine besondere Ehre. Ich habe den Tag als sehr bewegend empfunden. Wir haben an die Kriegsopfer erinnert, aber auch unsere Geschichte erzählt, wodurch wir gleichzeitig appelliert haben, aus der Vergangenheit zu lernen. Es hat mich berührt, an diesem besonderen Tag die Verbundenheit der Menschen zu spüren, da wir alle aus demselben Grund anwesend waren. Auch die Möglichkeit zu haben, einen Beitrag zu leisten, der vielleicht andere zum Nachdenken anregt, war mir sehr bedeutungsvoll. 

Das Schönste war das Feedback von den Menschen, die unsere Rede gelobt haben, da ich dadurch überzeugt wurde, dass unsere Rede auch wirklich im Herzen der Zuhörer angekommen ist. Ich glaube, ich kann für alle Schüler und Schülerinnen des Kurses sagen, dass es ihnen ähnlich gegangen ist wie mir.

Den Beitrag der Gesamtschule Berger Feld können Sie hier nachlesen. 

Text: Gesamtschule Gelsenkirchen Berger Feld